Den Israeliten geht es schlecht; sehr schlecht. Dass von Gott versprochene Land ist verloren gegangen und jetzt leben die Israeliten in der Verbannung in Babylon, im heutigen Irak. Wo ist nur unser Gott? Ist er jetzt auch in der ferne bei uns? Da gibt der Prophet eine Orientierung: ja, ich bin ein Gott der immer da ist – aber ihr erlebt mich als einen Gott mal ganz nah und mal ganz fern. Kann man denken, dass es den Babyloniern viel besser geht? Für jede Lebenssituation haben sie einen zuständigen Gott! Martin Luther hat das immer abgelehnt. Aber er hat diesen Widerspruch immer stark gespürt. Er behalf sich mit der theologischen Unterscheidung zwischen dem Deus absconditus (dem abgewandten Gott) und dem Deus revelatus (dem offenbarten, zugewandten Gott), der doch, und das war Luther immer wichtig, ein und derselbe war. Und ist vielleicht auch aussichtsreicher und tröstlicher, darauf zu hoffen, dass in diesem inneren Widerstreit am Ende Gottes Treue und Liebe siegen wird, als darauf zu wetten, dass im Götterkonflikt am Ende der gute Gott sich gegen die bösen Götter durchsetzen wird?